Beziehung statt Erziehung und falsche Vorstellungen von uns als Eltern

Ich habe mich mit einer alten Freundin unterhalten. Es war ein wirklich kritisches Gespräch zu meinem Blog. Sie „hat Angst, dass ich da in etwas hinein schlittere, mit meinem Erziehungsstil“ und „Sie wolle mich am Liebsten beschützen, dass ich nicht die gleichen Fehler mache, mit dem Familienbett, wie sie.“ „Sie wolle mich mal in den Arm nehmen und wach rütteln.“ „Deine Beziehung satt Erziehungs-Haltung ist ja schön, aber etwas Erziehung muss sein.“

Ja, ich hätte böse und wütend sein können, mit Unverständnis reagieren können, aber ich finde solche Unterhaltungen spannend. Wir haben eine ganze Weile über das Thema geredet. Als ich den Artikel zum Familienbett online stellte, hatte sie gerade eine miese Nacht mit den Kindern hinter sich und musste meinen Artikel weg klicken. Sie meinte, dass es ja noch alles geht, wenn das Kind so klein ist, wie meins. Als ich von Beziehung statt Erziehung schrieb, wollte ihre Tochter mit dem Laufrad die Straße überqueren, was natürlich von meiner Freundin gestoppt wurde. Von mir wird gedanklich „erwartet“, dass ich mein Kind einfach über die Straße fahren lassen würde, weil ich auf Beziehung satt Erziehung setze!? Natürlich nicht! Für mich hat das überhaupt nichts mit meiner Beziehungs-Haltung oder Unerzogen zu tun, ich pflege keine „Scheiß-Egal-Einstellung“ oder sage, „macht alle was ihr wollt“. Niemals würde ich mein Kind vor ein Auto fahren lassen, weil ich weiß, dass sie diese Gefahren noch nicht einschätzen kann. Ich habe da eine klare Verantwortung, wenn es darum geht, das Leben meines Kindes zu schützen.

Was ist hier eigentlich los?

Ich kann nur sagen, dass ich letzte Woche erst wieder vor Augen geführt bekommen habe, dass jeder durch seine eigene Brille schaut und liest. Ich schreibe über das Familienbett in meiner „rosa roten Blumenwelt“, während meine Freundin eine voll schlimme Nacht hatte. Sie ist abgenervt von mir, weil ich dieses Familienbett öffentlich im Blog voller Freude und Überzeugung darstelle. Sie hat durch ihre Brille, mit ihrer schlechten Nacht,  geschaut. Ihre Kinder sind größer, nehmen mehr Platz im Bett ein und dann muss sie auch noch arbeiten gehen am nächsten Morgen. Das ist wirklich hart und das verstehe ich auch. Ich habe den Artikel mit meiner Brille geschrieben. Da es für uns so passt – Wir ja auch ein größeres Bett gebaut haben und wir es genießen, als Familie zusammen im Familienbett zu schlafen und ich momentan nicht arbeiten muss. Wir können ausschlafen, da ich Elternzeit habe. Zwei Familien, mit zwei unterschiedlichen Lebenssituationen. Ich habe meine Freundin mit meiner Geschichte angetriggert. NICHT weil sie böse auf mich ist, sondern weil ich ihr Spiegel bin, für ihre Baustelle. Sie braucht mehr Ruhe über Nacht und die Kinder wollen aber nah an ihr schlafen. Während ich selig von unserem Familienbett schreibe, wacht sie auf und ist gerädert und sie hält es nicht aus und klickt weg. Versteht ihr!? So ist das eben mit dem Bloggen, oder den unterschiedlichen Menschen. Ein Gedanke ist: Was mich am Gegenüber bewegt ist oft ein eigenes Thema von mir! Ich bin da gar nicht schuldig daran, ich bin einfach über den Text gerade der Wutball gewesen, an dem sie ihren Frust über ihre blöde Nacht ablassen konnte.

Übrigens wäre es auch spannend zu wissen, das meine „rosa rote Blumenwelt“ gar nicht so rosa ist. Ich stille oft nachts viel, was wirklich zehrt. Ich schlafe nie länger als 4 Stunden am Stück, seit 15 Monaten, während alle um mich herum von ihren „durchschlafenden“ Kindern sprechen. Also das sie nie durchschlafen, weiß der Mensch ja jetzt schon. Ich meine da so eher beruhigen und stillen und aktiv ein Kind in der Nacht begleiten. In manchen Nächten merke ich es nicht einmal. Manche Nächte sind tränenreich und intensiv. Ich bin auch zeitlich noch sehr an Zuhause gebunden, da ich stille. Ich höre von Partys und Alkohol. Ich habe seit Dezember 2014 kein Bier mehr getrunken, obwohl ich auch mal Geschmack auf ein kühles Budweiser hätte. Das ist aber alles für mich in Ordnung. Ich möchte es so. Ich stehe auch dazu, dass der bindungs- und beziehungsorientierte Weg Kraft kostet. Irgendwann kann ich das alles wieder machen, ob ich es dann noch will, seht auf einem anderen Blatt Papier.

Niemand sollte sich wegen mir schlecht fühlen. Wenn euch etwas so sehr an uns als Eltern aufregt, dann bin ich jetzt mal ganz ehrlich! Fragt euch bitte, ob ihr mit eurem Lebensmodell  zufrieden seid!? Fragt euch bitte, warum es euch z.B. so aufregt, dass wir im Familienbett schlafen, denn es hat ja eigentlich gar nichts mit euch zu tun. Warum fällt es euch so schwer, einfach zu sagen: Ja, die pennen halt da so, wir schlafen eben anders. Was ist im Leben dabei, Vielfalt zu akzeptieren? Andere Meinungen und Wege zu akzeptieren?

Das sind übrigens auch meine persönlichen Fragen und Gedanken an mich. Ich bin keine perfekte Mutter, Pädagogin. Ich bin Leen und ich finde auch meinen Weg, so wie alle anderen auch. Ich neige dazu, auch mal dogmatisch im Kopf zu sein, wenn es z.B. um Babytragen geht. Das ist aber völliger Mist, denn ich kann mich ja eigentlich über jeden, der sein Kind trägt, freuen. Es muss dabei nicht das perfekte Tuch, oder die perfekte Trage sein. Ich möchte üben, mich einfach mit der Familie mit zu freuen, bedingungslos und nicht in Gedanken hängen wie, „Oh man, das Kind ist nicht optimal im Tuch oder der Trage eingebunden.“ Was ich aber tue, ist, dass ich mir dieser Gedanken bewusst bin und mich reflektiere.

Im Blog möchte ich nicht belehren, ich möchte erzählen. Erzählen von uns als Familie und welche Wege wir gehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass das der richtige Weg ist. Es ist ein Weg, es ist unser Weg. Wir versuchen alle unser Bestes zu geben, auch wir versuchen das täglich und kommen an Grenzen und Zweifeln auch. Das Leben ist ein Prozess und unser Weg ist im Aufbruch zum Umdenken. Ich wünsche mir mehr Akzeptanz und Vielfalt.

Eure Leen

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