Jung oder Alt?

Ich liege im Bett und lese einen Roman, was ich wirklich seit Ewigkeiten nicht gemacht habe. Es ist schön zu lesen und die Geschichte der Menschen im Buch mitzufühlen. Die Woche war anstrengend mit kranken Kindern und es gab zu viel Arbeit, die wichtig war und zügig erledigt werden musste.

Das Lesen am Abend entspannt mich und hilft mir, abzuschalten. Solche Dinge suche ich mir jetzt vermehrt, denn es ist wichtig für mich und meine innere Ruhe.

Ich mache eine kurze Pause und gehe ins Bad, um meine Hände einzucremen, denn diese sind von der Woche rau und wünschen sich Pflege. Ich gehe an meinem Spiegel vorbei und schaue flüchtig hinein. Ich sehe meine Mama in mir in diesem flüchtigen Spiegelbildmoment. Ein kurzer Ruck und ich bleibe stehen und schaue nochmal genau hin. Ich bin älter geworden, stelle ich fest.

Ich sehe Ähnlichkeit zu meiner Mama, als sie zwischen 30 und 40 Jahren war. Früher dachte ich, dass wir uns nicht besonders ähneln, aber jetzt sehe ich es selbst sehr deutlich vor Augen, was alle auch immer zu uns sagten. Früher wurden wir oft für Schwestern gehalten, was ja eindeutige für meine Mama spricht. Wenn ich dann zwischen 50 und 60 bin, wäre es ok für mich, so wie sie auszusehen. Vor dem Altern habe ich keine Angst.

Ich stehe noch eine Weile vor dem Spiegel und frage mich, ob ich jetzt mit 34 Jahren eigentlich jung oder alt bin, welches Lebensgefühl gerade wirklich bei mir schwingt. Ich entscheide mich hier und heute gefühlt für „alt“, denn ich sehe ehrlich müde aus und bin es auch. Müde und geschafft!

Mir fehlt Schlaf. Mir fehlt tiefer und anhaltender Schlaf, und mehr Zeit mit mir allein oder mit befreundeten Erwachsenen, denke ich. Dann grübele ich über das Ressourcen-Buch für hochsensible Mamas nach, welches ich diesen Monat las. Kathrin beschreibt darin Ressourcen, die wir als hochsensible Menschen nutzen können. Einen Yoga-Kurs habe ich mir bereits gebucht, denn das macht mir wirklich Freude und ist für mich eine großartige Ressource.

Aber mein inneres Partyfeuer, beispielsweise, lodert gerade nur so vor sich hin, stelle ich fest und ist kurz vor dem Erlöschen. Ich war als junge Frau, vor dem Studium und den Kindern, jedes Wochenende mit meinen Freund*innen tanzen und feiern und das meine ich so, wie ich es schreibe – jeeeedes Wochenende. Das war immer so unwahrscheinlich gut für mich nach der Schulwoche und hat mich entspannt und meinen inneren Stress abgebaut.

Tanzen gehe ich gar nicht mehr. Das ist schade!

Letztens verlinkte mich meine Freundin Julia auf einem Facebook-Video, indem ein „Muddi“ im Putzwahl wild durch die Bude tanzte und den Lappen schwang! Ich musste lachen, denn das mache ich auch zu gern! Ich drehe die Musik auf, höre laut Indie, Alternative, Ska oder Rock und tanze durch die Bude, während ich putze und mitsinge bzw. gröle. Über das Video musste ich trotzdem sehr nachdenken, denn es fehlt mir doch ganz schön, Konzerte und Festivals zu besuchen.

Letztens traf ich einen alten Bekannten beim Einkaufen. Er redete davon, dass es „heute Abend vegetarische Pizza gibt, weil seine Frau das mag“ und ich erzähle von meiner Sprossenzucht und wie gern ich das aufs Brot esse. Wir kochen beide anscheinend gern und probieren Dinge in der Küche aus. Die Unterhaltung war interessant und ein toller Austausch. Beim Anblick seines Gesichtes musste ich trotzdem schmunzeln, denn ich musste auch daran denken, wie wir vor 10 Jahren mit Bier in der Hand auf lokalen Festivals, Parties und Konzerten durch die Lüfte sprangen und laut mitgrölten. Alt und jung, ich bin gefühlt wahrscheinlich doch noch beides, irgendwie!

Ich ich freue mich schon darauf, wenn mein kleines Kind endlich den Schritt zum nächtlichen Großeltern-Besuch wagt und ich mit meinen Freund*innen tanzen fahre, ein Festival besuche oder was weiß ich was machen werde. Ich begrüße meine kommenden Ressourcen und bin froh, mir für den Übergang andere geschaffen zu haben, die nicht weniger gut sind, halt nur etwas erwachsener.

Wie geht es euch da so?

Eure Leen

2 Kommentare zu “Jung oder Alt?

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