Philosophieren mit Kindern – Ich denke, also bin ich. Was ist Mut? Haben Blumen Gefühle? Wo war ich, bevor ich geboren wurde? Und was ist Glück?
Das Philosophieren mit Kindern ist mir seit ein paar Jahren eine Herzensangelegenheit. Erst beruflich und jetzt auch privat, da ich seit über einem halben Jahr Mutter bin. Ich möchte hier versuchen, kurz darüber zu schreiben und zu erklären, warum ich diese Art des Dialoges mit Kindern so wertvoll finde.
Warum denke ich, passt das Thema in diesen Blog „Aufbruch zum Umdenken“? Mit Kindern jeden Alters zu philosophieren, setzt voraus, dass man das Kind achtet und seine Persönlichkeit und Meinung von vorn herein anerkennt. Kinder müssen nicht nach den Vorstellungen der Erwachsenen geformt und bei jeder Gelegenheit belehrt, sondern in ihrer persönlichen Entwicklung begleitet werden.
Mit anderen Worten: Es ist eine sehr bedürfnisorientierte Form der Gesprächsführung, geprägt vor allem von Respekt und wertschätzendem Umgang auf Augenhöhe. Die Einstellung, mit dem Kind zu lernen und seine Fragen und Gedanken bedingungslos ernst zu nehmen, ist hierbei zentral. Ich weiß, dass dies auch Ansichten und Werte sind, die in Leens Blog oft eine Rolle spielen.
Ein Kind, das eine Frage stellt, hat oft schon eine eigene Antwort im Hinterkopf und möchte diese mit der des Erwachsenen abgleichen. Es lohnt sich also anstelle einer Antwort, eine Gegenfrage an das Kind zurück zu geben: „Hm, das ist eine interessante Frage. Ich weiß nicht so recht. Was denkst du denn?“ Gerade bei den großen, potenziell philosophischen Fragen (á la „Können Fische träumen?“) seid ihr dann schnell mittendrin im Nachdenkgespräch!
Mich hat zum Beispiel einmal ein kleiner Junge (4 Jahre alt) gefragt: „Wo kommen eigentlich Äpfel her?“ Ich setzte an, von Apfelbäumen zu erzählen und von den kleinen braunen Kernen, die er in den Äpfeln finden kann. Es stellte sich aber heraus, dass ihn beschäftigte, wo der erste Apfel herkam … Seiner Vorstellung nach hat jemand irgendwann mal einfach einen Stock in den Boden gesteckt und an ihm bildeten sich die ersten Apfelblüten. Ein recht spiritueller Ansatz, oder? Ich ließ die Antwort so stehen und freute mich über seine Idee. Denn wenn ich ehrlich bin, kenne ich die „richtige“ Antwort auch nicht.
Hätten wir zusammen etwas über die Evolutionstheorie nachgelesen, hätte ihn das in genau diesem Moment vielleicht gar nicht zufrieden gestellt. Man kann ja auch dort mit den Gedanken immer weiter zurück gehen und nach dem Ursprung allen Seins suchen. Fragen naturwissenschaftlich zu beantworten, ist zwar auch eine gute Möglichkeit, lässt das Gespräch aber schnell zum Monolog des Erwachsenen werden.
In Kategorien wie „richtig“ oder „falsch“ zu denken, hilft beim Philosophieren sowieso nicht. Alles ist zuerst einmal möglich und denkbar. Es geht dabei viel mehr um Fantasie, Neugierde und spannende Fragen, als um Antworten. Der Prozess und das gemeinsame Erlebnis stehen im Mittelpunkt – frei nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Es kommt oft vor, dass wir nach dem Gespräch mehr offene Fragen haben als vorher. Kinder können beim Philosophieren so viel lernen: Zum Beispiel auszuhalten, dass es O. K. ist, wenn jemand anderer Meinung ist. Oder auch, dass es nicht schlimm ist, seine Meinung mal zu ändern.
Wir können uns im Denken und im Argumentieren üben und uns trauen, eigene Ansichten zu äußern oder zu begründen. Nicht zuletzt erfahren wir durch das Philosophieren mehr über uns selbst und unser Gegenüber. Das verbindet und schafft ein wohliges Gemeinschaftsgefühl.
Ich bin mir sicher: Bewusst herbeigeführte Philosophier-Runden, etwa anhand von Kinderbüchern, können sehr bereichernd für Erwachsene und Kinder sein. Genauso wie eine philosophische Einstellung im alltäglichen Miteinander, etwa zu Hause oder auch in Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Museen.
Das soll für einen ersten Einblick reichen. Bleibt mir noch zu sagen, dass meiner Erfahrung nach ein ehrliches Interesse an den besprochenen Themen und die eigene Neugierde wichtige Voraussetzungen für philosophische Nachdenkgespräche mit dem Kind sind. Um zu Philosophieren, braucht man allein seine Gedanken und den Mut, sie anderen gegenüber zu äußern – kein Philosophiestudium! Auch ehrlich und authentisch zu sein, finde ich sehr wichtig: im Philosophieren und selbstverständlich auch im täglichen Umgang mit anderen Menschen, seien es Erwachsene oder Kinder.
Marie
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