Seitdem Leen ihren Blog hat, lese ich gerne mit und kommentiere hier und da mal. Das Schöne an Leen ist, dass sie andere Meinungen zulässt. Ich mag ihren Blog, auch wenn ich nur einen Bruchteil davon auf mein Leben übertragen kann oder ich mich wiederfinde.
Jetzt hat sie mich gefragt, ob ich einen Gastartikel schreiben möchte für ihre Zeit im Wochenbett.
Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch und nun seit etwas mehr als ein Jahr auch Mutter.
Was dieser Schritt für mich bedeutet und ich umdenken musste, möchte ich gerne versuchen der Welt da draußen zu erklären.
Für mich ist es seit ich denken kann, ein extrem wichtiger Punkt, dass ich unabhängig bin. Irgendwie wollte ich nie von irgendwas oder irgendwem abhängig sein. Und wenn ich es war, hat mich das genervt. Ich habe mir immer eine Nottür offen gehalten. War in bestimmten Punkten deshalb auch nicht unbedingt verbindlich.
Dies mag vielleicht auch daran liegen, dass ich wahrscheinlich hochsensibel bin. Auf den Gedanken hat mich auch die liebe Leen gebracht. Ich mag einfach keinen Lärm (und jetzt wohne ich fast in der Einflugschneise vom Frankfurter Flughafen…haha) und falsche Töne tun mir einfach weh. Da kann man auf nem Konzert von ner wahnsinnigen Band sein, wenn jedoch die Tontechniker eine miese Arbeit machen oder die Akustik von der Location einfach Schrott ist, versaut das alles.
Jetzt werden sicher einige sagen, ist doch normal. Nee, ist es nicht. Die Meisten bemerken diese feinen Nuancen gar nicht. Aber ich merke es immer und mein Gehirn fand das auch nie lustig. Wenn ich dann nicht flüchten kann, ist es echt schwer für mich.
Auch in einer Beziehung oder Freundschaft wollte ich immer unabhängig sein. Mir war es wichtig, mein Ding zu machen. Manchmal habe ich Leute regelrecht vor den Kopf gestoßen. Ich bin meist sehr direkt, wobei ich auch sehr diplomatisch sein kann. Mir hat das sehr leid getan, konnte jedoch nichts ändern, da ich in manchen Momenten ganz schnell einfach nur weg wollte, Ruhe brauchte, Zeit für mich. Da war und bin ich immer mehr als direkt.
Dann lernte ich meinen Freund kennen. Als das Thema Auszug meiner Mitbewohnerin anstand, hätte er mich auf Grund meiner Freiheitsliebe fast nicht gefragt, ob er mit einziehen soll. Zum Glück hat er es.
Und dann kamen Schritt für Schritt weitere Themen dazu. Versicherungen zusammenlegen z.B. Oh man, selbst das hat mich eine Überwindung gekostet.
Und dann kam die größte Aufgabe der eigenen Unabhängigkeit. Das Thema Kind stand bei uns nie wirklich auf der Gesprächsliste. Nach mehr als 5 Jahren Beziehung und der tickenden biologischen Uhr im Hintergrund war die Entscheidung dafür dann in nur 2 Sätzen getroffen.
Als ob sich dann die Eizellen und Spermien gesagt haben, jetzt aber gleich Nägel mit Köpfen machen, ehe sie es sich wieder anders überlegt:
41 Wochen später war unser Sohn auf der Welt.
Und der kleine Kerl hat mich auf die wundervollste Art und Weise meiner Freiheit beraubt, die man sich vorstellen kann.
Und es war und ist auch Stress, ohne Frage, teilweise stündliches Stillen, der berühmte Schlafmangel hält auch heute noch an, wenn auch nicht mehr so arg.
Und was soll ich sagen, jetzt bin ich emotional wie auch finanziell abhängig. Emotional von meinem wundervollen Sohn. Finanziell von meinem Freund.
Mein Freund hat sich neben seinem Vollzeitjob noch selbstständig gemacht. Und das in der Zeit in der ich erstmal in die Mutterrolle reinwachsen musste. Das hieß wenig Zeit für uns. Ich bin fertig gewesen, durch die permanente Aufmerksamkeit für unseren kleinen Kerl. Er war und ist zwar immer relativ entspannt, hat jedoch einen voll gefordert und macht es immer noch. Ich hatte keine Zeit für mich. Das woraus ich meine Energie gezogen habe, war schlicht weg. Nach und nach habe ich mir kleine Freiheiten zurück erobert. Jetzt hilft schon 1 Stunde in der Badewanne und ich fühle mich besser.
Mittlerweile bleibt er auch gerne mal bei den Großeltern und ich bin dann völlig irritiert, wenn ich im Auto niemanden im Rückspiegel sehe.
Finanziell bin ich jetzt auch abhängig. Nach der Elternzeit suche ich jetzt einen neuen Job. Da muss ich wohl meine Anforderungen runterschrauben und weniger Anspruchsvolles suchen, find es zwar schon komisch, aber gar nicht mehr so schlimm.
Mein, nein unser Sohn hat mich verändert. Er ist toll!
Und hej, auch er wird jeden Tag unabhängiger und wir gehen dann halt gemeinsam den Weg und ich schenke ihm Freiheit. Die Freiheit, alles zu erkunden mit so wenig „nein“ wie möglich. Ich kann mit ihm gemeinsam auch entschleunigt sein, auch wenn es dennoch meine Aufmerksamkeit kostet.
Aber jetzt freue ich mich auf die Zeit mit ihm, mit uns als Familie.
Durch die Aufgabe meiner Freiheit und Unabhängigkeit habe ich das wertvollste gewonnen: meinen Sohn, sein Strahlen, sein Lachen.
Das ist einfach wundervoll.
Christin
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